Trainiert wird im ehemaligen Kuhstall

Auszug aus dem Schweizer Bauer vom 4. August 2014 ( Author: Jacqueline Graber)

Martin Hauert ist gelernter Bauer. Als er vor 14 Jahren die Hüfte operieren musste, kam er per Zufall zu einem Nebenerwerb.
«Und jetzt zusammendrücken», instruiert Martin Hauert eine junge Frau, die eine Schnupperstunde nimmt. Bei ihm trainieren können Jugendliche ab  14 Jahren, gegen oben sei jedoch keine Grenze gesetzt, sagt der 65-Jährige, der auf seinem Bauernhof in Wohlen ein Fitnesszentrum betreibt. Geöffnet ist «Tinu’s Fitnesshof», so der Name des  Studios, 365 Tage im Jahr, und so oft wie möglich ist der Besitzer selber anwesend. «Ich bin sehr pingelig. Denn es ist wichtig, dass man die Übungen richtig macht, sonst ist es kontraproduktiv.»

Arbeitet als Trainer
Sport spielt seit je eine zentrale Rolle im Leben des Landwirtes. Seit vielen Jahren trainiert er viermal pro Woche den Leichtathletikclub Wohlen, hat die Ausbildung zum J+S-Trainer gemacht und fährt Velo. Letzteres mache er nur, um fit zu bleiben, denn bis 2000 sei er ein begeisterter Läufer gewesen, so Hauert. Doch dann musste er sich im Salem-Spital in Bern die Hüfte operieren lassen. 
Dies veränderte sein Leben in doppelter Hinsicht: Er musste nicht nur seinen geliebten Laufsport aufgeben, sondern Hauert fuhr zur Rehabilitation regelmässig zum Training ins Krankenhaus. Dort kam ihm zu Ohren, dass das Spital neue Fitnessgeräte anschaffen möchte und die alten Geräte zum Verkauf stehen. «Dabei handelt es sich um Physiogeräte», präzisiert der Vater von drei erwachsenen Töchtern. Innert vierzehn Tage entschied sich Hauert zum Kauf.


Kein Schnellschuss
Trotzdem kann von einem Schnellschuss nicht die Rede sein: Denn der findige Geschäftsmann wusste genau, was er machte: «Kurz vorher habe ich mit Melken aufgehört und der Kuhstall stand leer», erklärt Hauert und erläutert wie es dazu kam. «Die Käsereigenossenschaft Wohlen hat sich entschieden, statt einer Sammelstelle die Hofabfuhr einzuführen.» Er, der damals die Genossenschaft präsidierte, sprach sich gegen diese Lösung aus und zog die Konsequenzen.
«Es hat mir sehr weh getan, meine zehn Kühe und das Jungvieh zu verkaufen», erinnert  sich Hauert, der den Betrieb in der vierten Generation führt. Später verkaufte der Bauer auch seine Zuchtschweine, und seither baut er auf seinem 17-ha-Bio-Betrieb nebst Weizen auch Gerste und Erbsen an. «Diese Mischsaat ist in der Gegend nicht üblich.» Abnehmer sei die Mühle Rytz in Biberen, erklärt Hauert und spannt den Bogen zurück zu den Anfängen des Fitnesshofs.

Viel Eigenleistung
Zwei Jahre lagerte Hauert die Physiogeräte auf der Heubühne. Denn so viel Zeit benötigte er für den Umbau des Kuhstalls. «Ausser den elektrischen  Installationen machte ich alles selber. Und zwar in meiner Freizeit.» Denn damals arbeitete Hauert,  der nach der Ausbildung zum Landwirt noch die Handelsschule absolvierte, als Betriebsdisponent.
Heute betreibt er das Fitnessstudio im Nebenerwerb. «Zudem bin ich auch Bauer und Hausmann», schmunzelt Martin Hauert. Denn seine Ehefrau Rosmarie arbeitet bei einer Anwaltskanzlei. Seit er vorwiegend daheim arbeite, sei die Liebe zur Landwirtschaft noch grösser geworden als sie bisher war. «In der freien Natur und unabhängig zu sein, ist für mich das Schönste», sagt Martin Hauert.